Positive Zukunftsaussichten durch unsichere politische Lage getrübt
12. September 2024
Berlin, 12.09.2024: Anlässlich des am 23. und 24. September in Würzburg stattfindenden Fachkongresses Holzenergie hat der Fachverband Holzenergie (FVH) im Bundesverband Bioenergie e.V. bei einer Pressekonferenz die Ergebnisse einer Branchenumfrage vorgestellt und Forderungen an die Politik formuliert. Demnach plant knapp die Hälfte (48 %) der Befragten in den nächsten sechs Monaten größere Investitionen zu tätigen und nur ein Viertel (26 %) Investitionen zurückzustellen. Mehr als jeder Zweite klagt jedoch über mangelnde langfristige politische Planbarkeit (59 %) sowie Bürokratie und Genehmigungsverfahren (56 %). Sebastian Henghuber, Vorstand der MW Biomasse AG und Vorstand im FVH, ordnet die Ergebnisse ein: „Die Energie- und Wärmewende bietet für die Holzenergiebranche grundsätzlich gute Chancen. Aber nichts ist für Verbraucher und Unternehmen, die ihre Energieerzeugung mit nachhaltiger Holzenergie erneuerbar gestalten wollen, hinderlicher als politische Querschüsse und das Infragestellen von Beschlüssen. In solch einem Klima tun sich Kommunen, die ein Wärmenetz planen, oder Unternehmen, die ihren alten Gaskessel ersetzen wollen, schwer, auf erneuerbare Energien umzusteigen. Damit die Wärmewende gelingt, dürfen wir den Rechtsrahmen, der nachhaltige Holzenergie eindeutig als erneuerbare Energie einordnet und keinen CO2-Preis vorsieht, nicht zerreden. Wir müssen anpacken und investieren. Damit der Ausbau der erneuerbaren Energien vorankommt, muss die Bürokratie zudem auf das absolut notwendige beschränkt bleiben.“
Mit Blick auf die wirtschaftliche Lage zeichnet sich ein gemischtes Bild über alle Befragten, die unter anderem aus den Bereichen Anlagen-/Maschinenbau, Beratung und Projektentwicklung, Rohstoffbereitstellung, Entsorgung und Brennstoffproduktion sowie dem Betrieb von Heiz(kraft)werken stammen: sowohl beim Auftragseingang als auch bei der aktuellen wirtschaftlichen Situation halten sich positive und negative Beurteilungen die Waage. Bei Unternehmen mit Heiz(kraft)werken stellt sich die aktuelle wirtschaftliche Situation für mehr als ein Drittel (rund 36 %) als „schlecht“ oder „sehr schlecht“ dar und nur 18 % geben ein positives Urteil zur wirtschaftlichen Lage ab („gut“ oder „sehr gut“). Henghuber dazu: „Die Verunsicherung der letzten Jahre schlägt sich auch in der Einschätzung der wirtschaftlichen Lage und den zukünftigen Entwicklungschancen nieder. Wir brauchen ein Klima, in dem Heizwerke und Heizkraftwerke wieder Lust haben zu investieren und so den Beitrag zur Wärmewende auszubauen. Die Holzenergie kann nachhaltig noch mehr zum Klimaschutz beitragen.“
Julia Möbus, Geschäftsführerin des Deutschen Säge- und Holzindustrie Bundesverbandes (DeSH) und Vorständin im FVH, unterstreicht die Notwendigkeit eines ambitionierten Ausbaus der Holzenergie: „Die Wärmewende ist in keinem einzigen Bereich auf Zielerreichungskurs: Es ist weder realistisch, dass das Ziel von 50 % erneuerbarer Energien bis 2030 für den Wärmeverbrauch insgesamt, noch 50 % bei den Wärmenetzen erreicht wird. Holzenergie stellt mit zwei Dritteln der erneuerbaren Wärme das Rückgrat der Wärmewende dar, aber aktuell sehen wir zum Beispiel beim Absatz der Holz- und Pelletheizungen einen Einbruch auf ein Viertel gegenüber dem Vorjahr.“ Im letzten Jahr lag der Anteil erneuerbarer Energien am gesamten Wärmeverbrauch bei weniger als 19 %. In Wärmenetzen wurden 2022 rund 22 % erneuerbare Energien eingesetzt, bei der Gebäudewärme erst 18 % und für industrielle Prozesswärme, die 35% des gesamten Wärmebedarfs ausmacht, lag der Anteil erneuerbarer Wärme erst bei 7,5 %. Möbus forderte, dass die produktive Holznutzung zukünftig nicht weiter eingeschränkt werden dürfe: „Holz ist unser wichtigster nachwachsender Rohstoff und unerlässlich für die Energiewende und Bioökonomie. Deswegen sehen wir mit Sorge, dass in den geleakten Entwürfen für das Bundeswaldgesetz oder die Biomassestrategie jeweils Nutzungseinschränkungen enthalten sein sollen. Weitere Auflagen und Einschränkungen einer produktiven und nachhaltigen Wald- und Holznutzung lehnen wir ab. Die Forstwirtschaft und energetische Holznutzung in Deutschland sind bereits nachhaltig aufgestellt und umfassend reglementiert.“
Mit Blick auf bürokratische Anforderungen, die in der Branchenumfrage als zweitgrößte Herausforderung genannt wurden, mahnte Möbus bei anstehenden Gesetzgebungsverfahren eine möglichst einfache und unbürokratische Umsetzung an: „Bei der jetzt anstehenden Überarbeitung der Fernwärmeverordnung (AVBFernwärmeV) oder den nationalen Umsetzungen der EU Deforestation Regulation oder der Erneuerbare Energien Richtlinie (RED III) kann die Bundesregierung zeigen, wie ernst sie die Sorgen der Wirtschaft vor einer stetig steigenden bürokratischen Belastung nimmt. Dabei geht es hier nicht einmal um den Abbau vorhandener Bürokratie, sondern lediglich um die Eindämmung neuer zusätzlicher Anforderungen und Auflagen.“
Aus Branchensicht sind die größten Vorteile der Nutzung nachhaltiger Holzenergie die Unabhängigkeit von fossilen Energieimporten (87 % der Antworten), effektiver Klimaschutz (62 % der Antworten), die Schaffung von Arbeitsplätzen und regionaler Wertschöpfung (43 % der Antworten), die Reduzierung der Abhängigkeit von bzw. die Stabilisierung des Stromsystems (38 % der Antworten) sowie die Notwendigkeit als Absatzmarkt für eine nachhaltige Forstwirtschaft (33 % der Antworten) und die Förderung des Waldumbaus (15 % der Antworten). Henghuber wertet die Ergebnisse der Umfrage als Bestätigung, dass ein Ausbau der nachhaltigen und modernen Holzenergie für die Erreichung der Klimaziele Deutschlands entscheidend sei.
Hintergrund:
Bei der Branchenumfrage des FVH haben im August 61 Teilnehmende aus den Bereichen Anlagen- und Maschinenbau, Komponentenproduktion, Beratung & Projektentwicklung, Rohstoffbereitstellung & Entsorgung, Brennstoffproduktion und -handel, Wissenschaft und Forschung, Verbänden sowie Betreiber von Heizkraftwerken und Heizwerken (39 Teilnehmende) teilgenommen. Die Umfrage liefert damit ein aktuelles, nicht repräsentatives Stimmungsbild über die gesamte Holzenergiebranche, mit Schwerpunkt auf den Betrieb von Heizwerken und Heizkraftwerken. Die Ergebnisse der Umfrage finden sie hier.
Aktuelle Themen der Branche werden auf dem 24. Fachkongress Holzenergie vom 23. bis 24. September im Congress Centrum Würzburg diskutiert. Unter dem Motto „Moderne Holzenergie: Die Potentiale heben!“ präsentieren sechzig Redner den aktuellen Stand der Holzenergie und diskutieren gemeinsam mit Experten und Vertretern aus Politik, Praxis und Wissenschaft über die Weiterentwicklung und Zukunft der Branche. Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung erhalten Interessierte unter www.fachkongress-holzenergie.de.